Ein kleines Kind geniesst einen gesunden Schlaf. Mehr als ein Drittel unseres Lebens verbringen wir schlafend, und unser Schlafrhythmus verändert sich im Laufe unseres Lebens stark.

Ein gesunder Schlafrhythmus: Die Pause für Geist und Körper

Guten Abend, gute Nacht … warum ein gesunder Schlafrhythmus für uns so wichtig ist und warum wir unsere innere Uhr nicht grundlegend durcheinanderbringen sollten, verrät uns Urs Kiener, Kinder- und Jugendpsychologe.

Mehr als ein Drittel unseres Lebens verbringen wir schlafend. Doch warum ist das so? Schlafen ist ganz banal gesagt «ausruhen». Man kann das mit einem Motor vergleichen: Läuft der Motor unentwegt, wird er zu heiss und geht irgendwann kaputt. Die Maschine ist erschöpft. So ist es auch beim Menschen. Sowohl unser Gehirn als auch unser Körper braucht Pausen, und das schaffen wir mit dem Schlafen.

Im Schlaf entspannen wir unsere Muskeln, wir schliessen die Augen und unterbrechen die Denktätigkeit. Die überschüssigen Gedanken, also die Hitze beim Motor, finden in Form eines Traums ihre natürliche Entladung. Wir gehen im Schlaf nicht komplett offline − der Körper arbeitet weiter, aber in reduzierter Form. Unser Gehirn und unser Nervensystem brauchen unendlich viel Energie. Im Schlaf formiert sich das Nervensystem neu. 

 

Die vier Schlafphasen

Wir wissen, dass wir vier verschiedene Schlafphasen haben, die biologisch vorgegeben sind: der leichte Schlaf, ein mitteltiefer Schlaf, der Tiefschlaf und der Traumschlaf. Diese vier Phasen wechseln sich im Schlafverlauf ab. Der Traum­schlaf ist die einzige Phase, in der der Muskeltonus völlig fehlt − wir können nicht stehen, nichts festhalten und uns nicht bewegen. Wäre es nicht so, würden wir unsere Träume ausleben. Das passiert beim Schlafwandeln. Der Traum taucht dann eigentlich in der falschen Phase auf, in der der Muskeltonus aktiv ist. Tatsächlich träumen wir jede Nacht, wir erinnern uns nur nicht immer daran. Das ist eigentlich ein gutes Zeichen, denn es zeigt, dass wir sehr tief geschlafen haben. Die Träume verändern sich auch im Laufe der Nacht. Zuerst träumt man von Dingen, die im Alltag erlebt werden, oder die einen Zusammenhang mit dem vorherigen Tag haben. Je länger die Nacht dauert, desto weiter gehen die Träume in die Vergangenheit. 

 

Die innere Uhr des Menschen

Der Mensch folgt einem Wach-Müde-Rhythmus. Während ungefähr 24 Stunden wechseln wir im Takt von ca. 90 bis 100 Minuten innerhalb dieses sogenannten «zirkadianen Rhythmus». Das ist unsere innere Uhr, die uns zwischen hoher Aufmerksamkeit und Unaufmerksamkeit wechseln lässt. Im Schlaf bestimmt dieser Rhythmus den Traum- und Nicht-Traum-Schlaf. Schon diese zehn Minuten Abweichung im zirkadianen Rhyth­mus können einen grossen Unterschied machen. In der Pubertät wird der zirkadiane Rhythmus um etwa 1.5 Stunden nach hinten verschoben. Jugendliche sind auch fast immer Nachtmenschen. Das ist biologisch so vorgegeben und sie kön­nen gar nichts dafür! Das Schlafhormon Melatonin wird später ausgeschüttet. Jugendliche können gar nicht früher einschlafen. Es hat also keinen Sinn, sie zeitig ins Bett zu schicken, denn sie werden noch eine Weile wach bleiben.
 

Tipps für die Schlafhygiene

  • Nutzen Sie das Bett nur zum Schlafen, nicht zum Arbeiten oder Fernsehen. 
  • Meiden Sie ab dem späteren Nachmittag Koffein, Alkohol und ikotin. 
  • Verzichten Sie rund zwei Stunden vor der Schlafenszeit auf digitale Medien bzw. blaues Licht. 
  • Treiben Sie Sport und bewegen Sie sich ausreichend. 
  • Schaffen Sie sich Einschlafrituale: lesen Sie ein Buch, trinken Sie eine Tasse Kamillentee, hören Sie Musik, praktizieren Sie Entspannungstechniken oder zählen Sie Schäfchen. 
  • Schreiben Sie eine To-do-Liste für den nächsten Tag, das entlastet den Kopf und Sie müssen im Schlaf weniger grübeln. 
  • Halten Sie ein Notizbuch am Nachttisch bereit, falls Sie sich in Wachphasen etwas notieren möchten.

Rhythmus ändert sich mit dem Alter 

Die Schlaflänge verändert sich im Laufe unseres Lebens stark. Brauchen Säuglinge im ersten Lebensjahr zwischen 12 und 16 Stunden pro Tag, so reduziert sich dieser Schlafbedarf mit der Zeit. Kinder zwischen 6 und 12 Jahren benötigen noch 9 bis 12 Stunden Schlaf, Teenager noch einmal ein bis zwei Stunden weniger. Erwachsene brauchen im Schnitt etwa 7.5 Stunden Schlaf pro Nacht. Bei älteren Menschen hat man häufig den Eindruck, sie schlafen weniger. Aber das ist meist gar nicht der Fall. Der Tiefschlaf wird im Alter fragmentierter, er nimmt also ab. Oft gehen ältere Menschen früher schlafen, weil sie vom Tag erschöpft sind. Logischerweise stehen sie dann auch früher auf. Mittags werden sie wieder müde und machen ein Nickerchen. Aber auch dieses Nickerchen zählt zum gesamten Schlafbedarf dazu. In der Summe kommen ältere Menschen nicht unbedingt auf weniger Schlaf. Sie haben einfach einen anderen Rhythmus. 

 

Wie wir unsere innere Uhr durcheinander bringen

Früher wurden unsere Schlafzeiten von Tageslicht und Dunkelheit definiert. Man ging schlafen, als es dunkel wurde. Heute können wir das Licht künstlich herbeiführen und die Nacht zum Tag machen. Ein grosser Faktor ist hierbei das blaue Bildschirmlicht von den Mobiltelefonen, Tablets und PCs. Es hemmt die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin und führt dazu, dass die Einschlafphase länger dauert. Zudem sind die Traumschlafphasen weniger intensiv. Licht und Dunkelheit können also tatsächlich unseren Schlafrhythmus beeinflussen.

Aber auch mit Kaffee und koffeinhaltigen Getränken sowie mit Alkohol oder Nikotin können wir unseren Schlafhythmus durcheinander bringen. Selbst wenn man danach gut und schnell einschlafen kann, beeinflusst vor allem Alkohol die Schlafqualität negativ. Nicht umsonst wacht man am nächsten Tag mit einem schweren Kopf auf. Alkohol und Koffein beeinflussen die Schlafphasen und sorgen dafür, dass wir weniger Tiefschlafphasen erleben. Erholung ist das keine.

 

Ein gesunder Schlafrhythmus ist die Voraussetzung für ein gesundes Leben

Wenn es ab und zu passiert, dass man zu viel grübeln muss und nicht gut schlafen kann, ist es kein Problem. Wenn unser Körper merkt, dass er in einer Nacht nicht gut geschlafen hat, kann er das mit Hilfe des Schlafgedächtnisses wieder ausgleichen. Unser Unterbewusstsein lässt uns dann in der Regel in der folgenden Nacht besser schlafen. Es wird jedoch zum Problem, wenn die Schlaflosigkeit chronisch wird. Man spricht von einer chronischen Schlafstörung, wenn man etwa drei Monate nicht gut oder zu wenig schlafen kann. Suchen Sie dann bitte einen Arzt auf. Die Folgen sind schwerwiegend, denn der Schlaf ist eine Voraussetzung für ein gesundes Leben!

 

Schlafmangel beeinflusst unseren Alltag 

Schlafmangel hat vielfältige Konsequenzen. Nach einer schlechten Nacht sind wir unkonzentriert und sozial unerträglich. Man sagt, dass eine schlaflose Nacht einem Alkoholpegel von 0.8 Promille entspricht − Sie sollten also nicht mit dem Auto fahren, wenn Sie keinen Schlaf bekommen. Das kann schnell gefährlich werden und schliesslich gefährden Sie damit nicht nur sich selbst. Wir wissen mittlerweile auch, dass viele Krankheiten mit zu wenig Schlaf einhergehen. Personen, die zu wenig schlafen, werden krank. Sie neigen zu Herzinfarkten, Schlaganfällen, Diabetes und Über­gewicht. Sie sehen also, mangelnder Schlaf hat einen gravierenden Einfluss auf unsere Gesundheit. 

 

Schlafmangel kompensieren 

Ein Schlafmanko nachholen funktioniert. Jeder von uns kennt sicher die eine oder andere schlaflose Nacht, nach der man sich mühsam durch den Tag schleppte. Meistens holt man in der nächsten Nacht sein Schlafdefizit auf. Wir verfügen über eine Art Schlafgedächtnis, das uns nach einer schlechten Nacht tiefer, besser und länger schlafen lässt. Auch mit dem Ausschlafen an den Wochenenden kompensieren wir Defizite der vorangegangenen Woche. Auf Vorrat Schlafen geht leider nicht. Das wäre der Traum! Der Schlaf hat leider keinen Tank, den man vor einer Partynacht, einer beruflichen Herausforderung oder einem Langstreckenflug befüllen kann.

 

Marlène Gautschi ist Ernährungsberaterin und beantwortet gerne ihre Fragen zum Thema Ernährung.

Haben Sie Fragen zu diesem Artikel oder anderen Themen im Bereich Kinder- und Jugendpsychologie? Urs Kiener, Kinder- und Jugendpsychologe, beantwortet sie gern. Nehmen Sie mit ihm über E-Mail Kontakt auf: gesundleben@concordia.ch

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