Luca Graf und seine Teamkollegen von der Schweizer Unihockey Nationalmannschaft feuern sich gegenseitig vor dem Spiel an.

Kommunikation im Sport – die Macht der Worte

Kommunikation ist im Leistungssport besonders wichtig. Wie redet und versteht man sich im Sport? Im Interview mit David Jansson, Nationaltrainer, und Luca Graf, dem langjährigen Nationalspieler und Captain des Schweizer Unihockey-Nationalteams, gehen wir diesem Thema auf den Grund.

   Kurz und einfach

Im Teamsport ist miteinander reden sehr wichtig.
Positive Wörter und Sätze helfen besonders gut.
Mit Selbstgesprächen kann man sich selbst anfeuern.
Ein Interview mit dem Nationaltrainer und dem Captain des Schweizer Unihockey-Nationalteams.

Positive Resultate und eine hohe Motivation – das sind die Ziele von guter Kommunikation im Leistungs- und Teamsport. Dies gilt sowohl für die Kommunikation zwischen der Trainingsleitung und den Athletinnen und Athleten als auch für die Kommunikation unter Feldspielerinnen und -spielern innerhalb eines Teams. Denn nur, wenn sich alle Beteiligten in allen Situationen klar verständigen können und die Anweisungen der Trainingsleitung verstehen, ist ein Team auf Dauer erfolgreich.

Doch wie sieht dies genau in der Praxis aus? Um dies zu erfahren, habe ich zwei Personen dazu befragt, die es wissen müssen: David Jansson, Nationaltrainier und Luca Graf, langjähriger Nationalspieler und Captain der Schweizer Unihockey Nationalmannschaft.

 

Kommunikation im Sport – die Sicht des Trainers

Im Gespräch stellt Nationaltrainer David Jansson als erstes klar: «Kommunikation ist ein unglaublich wichtiges Element! Ohne erfolgreiche Kommunikation kann ein Team nicht funktionieren – das gilt sowohl für das Training als auch für den Wettkampf!» Dem Traineramt kommt bezüglich Kommunikation im Teamsport die grösste Bedeutung zu. Denn er gibt die grundsätzliche Kommunikationsstruktur vor und übernimmt dafür die Hauptverantwortung im Team. Er führt das Team, trifft Entscheidungen und definiert Rollen. David Jansson, Trainer des Schweizer Unihockey-Nationalteams, weiss: «Wir bauen eine gemeinsame <Unihockeysprache> auf. So können wir wichtige Elemente der Spielidee in wenigen Worten erklären. Das ist im Training und besonders während des Spiels entscheidend.»

Die Botschaften des Trainers müssen beim Team schnell und verständlich ankommen. Dafür nutzt David Jansson stets kurze, prägnante Sätze sowie positive Wörter und verzichtet auf negative Formulierungen: «Damit die Spieler wissen, was sie machen sollen – und nicht, was sie nicht machen sollten.» Dabei sind ihm verinnerlichte Grundwerte wie Ehrlichkeit und Nettigkeit wichtig. «Jeder Spieler hat es verdient, mit einem freundlichen Ton angesprochen zu werden». Ehrlichkeit ist bei der Arbeit mit den Spielern enorm wichtig, «damit sie immer wissen, woran sie arbeiten müssen, um sich zu verbessern und eine noch wichtigere Position im Team zu erhalten.» Zudem ist es David sehr wichtig mit seiner Kommunikation aufzuzeigen, dass er «ein ganz normaler Mensch» und Teil des Teams ist und möchte auf keinen Fall «wichtig» rüberkommen. Er kommuniziert jederzeit auf Augenhöhe mit allen Teammitgliedern.

David empfindet es auch als wichtig, Kommunikation im Training zu üben und dem Team bewusst zu machen, wie viel diese mit der Taktik und der Spielidee zu tun hat. Im Training erlaubt die Situation auch Diskussionen über spezifische Spielsituationen und wie man diese lösen soll. Im Spiel aber soll alles schnell und konkret ablaufen. «Ich achte daher auf kurze, prägnante Sätze oder Wörter. So kann ich im Spiel eine komplexe Situation, die sonst viel Erklärung benötigt, in kürzester Zeit in Worte fassen.»

In der Praxis bedeutet dies, dass während des Trainings eine gesamte Spielidee mit einer eigenen Sprache entwickelt wird. Im Spiel wird sie vom gesamten Team umgesetzt und jeder Spieler weiss, was er zu tun hat. Für David ist es zentral, dass alle Spieler den Game Plan für ein Spiel sehr gut kennen und auf alle Eventualitäten vorbereitet sind. Dies stellt er mit Team-Besprechungen vor den Spielen sicher. Diese Vorbereitung erlaubt es dann, im Spiel schnell und ereignisspezifisch zu kommunizieren – ganz im Sinne von: «Okay, jetzt ist das passiert, was wir im Game Plan erwähnt haben. Deshalb reagieren wir mit Taktikmassnahme XY».

Auch Selbstgespräche gehören zur Kommunikation. David hat diese auf seinem Weg zum erfolgreichen Coach oft angewendet. «Diese Methodik hat mich auch geformt und zu dem Coach gemacht, der ich heute bin», erzählt er. Er lässt bewusst alle Gedanken und Emotionen zu und begrüsst diese, auch wenn sie teilweise negativ sind. Er versucht keinen Gedanken wegzujagen: «Was zu mir kommt, kommt zu mir. Ich steuere aber, in welche Richtung ich meine Aufmerksamkeit leite und achte darauf, dass ich immer auf die positiven Punkte fokussiere».

 

Kommunikation im Sport – die Sicht des Athleten

Nati-Captain Luca Graf hat Kommunikation noch nie bewusst «trainiert». Er setzt dabei eher auf Mentaltraining, bei dem die Körpersprache analysiert wird. Er ist sich aber bewusst, dass Kommunikation ständig und unbewusst geübt wird. «Ich fokussiere mich auf positive Punkte und versuche als Captain, auch antizyklisch zu agieren. Wenn beispielsweise alles gut läuft, kann man mal den Mahnfinger erheben. Bei einer Niederlage betone ich die positiven Seiten. Oder wenn das Training eher gemächlich verläuft, bringe ich Emotionen oder Härte hinein.»

Doch verbale Kommunikation kostet beim Sport oft Kraft. Kraft, die anderswo benötigt wird. Deshalb ist Luca Graf grosser Fan der Körpersprache: «In sehr intensiven Spielen versuche ich, nur das Notwendigste verbal zu kommunizieren. Dafür interagiere ich mit positiver Körpersprache, zum Beispiel mit High-Fives oder Schulterklopfen.» Für seine persönliche Motivation sagt er zu sich selbst: «Kopf hoch, Brust raus!», um die positive Körpersprache beizubehalten. Generell ist er aber eher der visuelle Typ: «Ich arbeite in der Vorbereitung stark mit der Visualisierung von erfolgreichen Spielszenen. Das hat einen sehr positiven Effekt. Ich sehe mir auch gerne Videos vom Spiel an und gleiche so meine eigene Wahrnehmung mit der Aussenwahrnehmung und der Anweisung des Trainers ab.»

Zudem beschreibt Luca Graf, wie im Training oder am Wettkampf unterschiedliche Bedingungen die Kommunikation beeinflussen: «Im Training sind die Zuschauerränge meist leer und somit die Umgebung leise. Das sind andere Voraussetzungen als bei einem Spiel. Je nach Spiel und Halle ist eine Kommunikation aufgrund der Lautstärke fast nicht möglich, zumindest nicht auf dem Feld. Daher sprechen wir während des Spiels auf der Bank oder in der Garderobe tendenziell eher über den Gegner und sein System und wie dieses bestmöglich zu <knacken> ist. Im Training liegt der Kommunikationsschwerpunkt eher auf der eigenen taktischen Formation.»

Auf dem Feld versucht Luca, trotz der erwähnten Widrigkeiten zu sprechen so oft es geht und es nötig ist zu sprechen. «Ich versuche die Laufwege von Gegenspielern zu kommunizieren, da ich im Spiel ohne Ball oft der hinterste Mann bin und den besten Überblick über das ganze Feld habe. Mir hilft das zudem, selbst konzentriert zu bleiben und mich selbst zu leiten. Wenn ich dann dadurch gleichzeitig noch meine Teamkollegen dirigieren kann, umso besser!»

Als sehr wichtig erachtet Luca Graf auch den starken Einbezug der Ersatzspieler, denn diese sind für ihn eines der meist unterschätzen Elemente für den Erfolg. «Sie sind ein mindestens so wichtiger Baustein für den Erfolg wie die restlichen Spieler, auch wenn sie dies eventuell nicht immer so zu spüren bekommen. Da hilft natürlich die Kommunikation immens. Beispielsweise indem ich nach einem Spiel auch einmal die Energie und das Kommittent der Ersatzspieler ausdrücklich lobe oder sie in Einzelgesprächen für die kommende Trainingswoche noch einmal zusätzlich motiviere.» 

 

Reden Sie mit sich selbst: Selbstmotivation durch Selbstgespräche

Dass Selbstgespräche im Leistungssport ein entscheidender Schlüssel zum Erfolg sind, zeigen die Erläuterungen von Luca Graf und David Jansson im vorgängigen Text eindrücklich auf.

Was für den Leistungssport gilt, ist selbstverständlich auch für den Freizeit- und Breitensport anwendbar. Selbstmotivation durch Selbstgespräche ist ein einfaches Mittel, um Ihre Ziele zu erreichen. Regelmässig mit sich selbst reden hat diverse positive Einflüsse und hilft beispielsweise beim Ordnen von Gedanken und beim Verarbeiten von Erlebnissen. Der Dialog mit uns selbst hilft uns auch beim Konzentrieren und Lernen und beim Lösen von komplexen Problemen. Für die Selbstmotivation im Sport nimmt das Selbstgespräch sogar eine zentrale Rolle ein.

Motivation ist in erster Linie immer eine grosse Eigenleistung, auch wenn diese teilweise von aussen unterstützt werden kann. Die Selbstgespräche können als innerer Motivator genutzt werden, um sportliche Ziele zu erreichen. Die innere Stimme begleitet und beeinflusst unser Handeln stetig, daher ist es wichtig beim Selbstgespräch einige Regeln zu beachten, damit uns der innere Dialog zu Motivation führt und uns emotionale Kraft verleiht.

  • Nutzen Sie positive Formulierungen: «Ich freue mich auf mein Training!»
  • Nutzen Sie kurze Sätze mit prägnanten Wörtern.
  • Beziehen Sie äussere Faktoren ein, beispielsweise die schöne Natur bei Outdooraktivitäten.
  • Automatisieren Sie Ihre Gespräche: Sagen Sie sich Kernsätze durchaus auch mehrmals am Tag laut vor. Leise geht übrigens auch!
  

 Tipp

Achten Sie bei Sportübertragungen im TV auf die Lippen der Sportlerinnen und Sportler – Sie werden erstaunt sein, wie oft sie mit sich selbst sprechen!