In der achten Generation: Leben und arbeiten im Familienunternehmen
Seit dem Jahr 1761 führt die Familie Elsener aus Rapperswil ihre Messerschmiede. Bereits acht Generationen haben hier ihre Fussabdrücke hinterlassen. Bis heute sind sie mit viel Herzblut bei der Sache. Für das Thema «Generationen» in unserem Kundenmagazin CARE haben wir sie besucht.
«Du musst genau zusehen, dann lernst du am meisten!» Diese Worte hörte Ruedi Elsener, Jahrgang 1947, während seiner Lehre häufig. Sein Vater war sein Lehrmeister in der Messerschmiede, die bereits seit über 250 Jahren in Familienhand ist. Er steht an der Werkbank in seiner Werkstatt des Familienunternehmens, wo bereits die nächsten Messer auf den Schleifstein warten.
«Beim Vater die Lehre zu machen, war natürlich nicht immer einfach, aber ich habe viel von ihm mitbekommen. Und doch habe ich das meiste gelernt, als ich mein Wissen an die nächste Lehrlings-Generation weitergegeben habe», erklärt Ruedi Elsener (72). In der Kluggasse in Rapperswil lebt die Familie das traditionelle Handwerk, das in der Schweiz mittlerweile rar geworden ist. Es gibt keine automatisierten Maschinen, keine programmierbaren Computer – rund 12'000 Messer pro Jahr schleift die Familie von Hand. Ruedi Elsener, seine Frau Marianne, sein Bruder Felix und dessen Frau Marietta haben das Geschäft rund ums Essen, Kochen und geniessen mit Haushaltswaren und der Messerschmiede über Jahrzehnte aufgebaut und massgebend geprägt. Inzwischen hat die siebte Elsener-Generation nicht nur die Führung des Geschäftes, sondern auch ihr Wissen und ihre Werte an die nachfolgende Generation übergeben.
Ein Familienunternehmen in der achten Generation
Philipp Elsener (37) ist der jüngste Sohn von Ruedi und Marianne. Gemeinsam mit seiner Schwester Cécile (43) und seinem Viktor (42) führt er das Familiengeschäft weiter. «Mein Vater hat mir alles rund ums Messerschleifen beigebracht. Unser Handwerk hat viel mit Gespür zu tun. Insgesamt braucht man zwölf Arbeitsschritte, bis ein Messer wieder richtig scharf ist. Die Tipps und Tricks, die ich von ihm gelernt habe, wende ich tagtäglich bei meiner Arbeit an», so Philipp Elsener. «Auch wenn es manchmal nervenaufreibend war, so eng mit meinem Vater zusammenzuarbeiten, habe ich sehr viel von ihm gelernt», erzählt er weiter, während sich der Schleifstein leise dreht und Wasser zur Kühlung auf seine Oberfläche plätschert. Das Besondere am Familienunternehmen: Es funktioniert zwischen allen auch ohne klare Anweisungen: « Als Familie haben unsere Eltern, unser Onkel und unsere Tante uns viel vorgelebt. Sie haben uns nie vorgeschrieben, auf eine bestimmte Art und Weise zu handeln.» Sein Bruder Viktor stimmt ihm zu: «Man weiss einfach, was richtig und falsch ist. Eben weil man es von Beginn an so erlebt hat. Es musste uns niemand sagen, wie wir mit unseren Kunden umgehen sollen – wir machen es einfach!»
Generationenwechsel: So funktioniert er
Viktor, der älteste Sohn von Ruedi und Marianne Elsener, erzählt, dass er viel von seinem Götti gelernt hat. Felix, der Bruder seines Vaters, ist mit seiner Frau Marietta auch heute noch ab und an im Geschäft – nach wie vor mit viel Herzblut. «Mein Götti hat mir vermittelt, dass korrektes Arbeiten mit klaren Abläufen besonders wichtig ist. So hat alles seine Ordnung», erklärt er und wenige Momente später läuft seine kleine Tochter mit ihrer Cousine um den Tresen. Bei aller Ordnung macht es Freude, wenn auch der Nachwuchs im Geschäft vorbeischaut. «Die Kinder sind gerne hier und fühlen sich wohl. Unsere Kunden kennen sie und zeigen Verständnis, wenn man eine Beratung auch einmal mit der Tochter auf dem Arm macht. Manchmal hilft die Kleine sogar mit und ordnet die Waren in den Regalen nach Farben», schmunzelt der Familienvater.
Für die Elseners ist klar: Das Geschäft ist die Familie und die Familie ist das Geschäft. «Bei uns halten alle zusammen», sagt Cécile Elsener, die Schwester von Philipp und Viktor, im Ladenlokal. Hinter ihr glänzen die polierten Messer im Licht. «Das war immer schon so, auch als wir noch Kinder waren. Wenn jemand etwas braucht, sind wir füreinander da. So wie heute unsere Kinder im Geschäft präsent sind, waren es auch wir schon von klein auf. Wir hatten sehr viele Freiheiten und wurden dadurch schnell selbständig. Heute können wir natürlich mit einer anderen Perspektive darauf blicken und bestimmte Dinge anders machen als unsere Eltern. Wir haben früh gelernt, dass die Arbeit kein Muss ist. Es ist eine Art der Lebensgestaltung und jeder in der Familie leistet seinen Beitrag.»
Lernen von den unterschiedlichen Generationen
Nicht nur die Jungen lernen von den Älteren, sondern auch umgekehrt.Marianne Elsener (73) ist Mutter der achten und Grosi der neunten Generation. In der alten Gasse vor der Messerschmiede stellt sie klar: «Ich kann auch von den Jungen viel lernen. Sie zeigen mir, dass man nicht immer alles so ernst nehmen muss. Wenn ich mich einmal ärgere, dann frage ich mich: ‹Ist das in 100 Jahren noch wichtig?› Manchmal erkennt man dann, dass nicht immer alles perfekt sein muss.» Pünktlichkeit und Gewissenhaftigkeit verlangt sie jedoch von ihrer Familie: «Das haben wir immer so vorgelebt. Aber natürlich spielt der Humor eine ebenso grosse Rolle, sowohl innerhalb der Familie und des Geschäfts als auch mit unseren Kunden. Das wichtigste ist aber, dass man seine Versprechen einhält. Das gebe ich gerne an meine Kinder und Enkel weiter.»
Nach einem Spaziergang mit den Enkelkindern ist Ruedi Elsener wieder zurück in der Werkstatt, wo er sich die Elsener-Schürze umbindet. Er erinnert sich noch gut an die Zeit, in der seine Eltern das Geschäft geführt haben. «Damals war es noch ganz anders. Als mein Bruder Felix und ich das Geschäft übernommen haben, haben wir viel verändert. Und unsere Kinder machen es wieder auf ihre Weise neu», lächelt er. «Ich sehe das Resultat: Dem Geschäft geht es gut, es entwickelt sich weiter. Man muss ihnen nicht immer dreinreden. Sie machen das prima und wir haben es herrlich miteinander.» Über Langeweile in der Pension kann sich Ruedi Elsener nicht beklagen. «Ich helfe gerne beim Messerschleifen aus, wenn es streng ist. Und sonst geniesse ich gerne die Zeit mit meinen Enkelkindern.»
Im Generationenhaus in der Kluggasse wird es nie langweilig. Leben, arbeiten und geniessen – diese Themen stehen bei Familie Elsener im Mittelpunkt. Die Grosseltern spielen mit den Jüngsten der Familie vor dem Geschäft. Während sie sich eine Pause mit Apfelschnitzen gönnen, laufen in der Werkstatt die Maschinen weiter.