Die Lust, ins kalte Wasser
zu springen
Sévérine Müller war stets bei den Jüngsten und oftmals die einzige Frau in Führungsgremien. Im Dezember 2021 wurde die 39-Jährige als Leiterin Leistungen in die Geschäftsleitung der CONCORDIA berufen. Was steckt hinter dieser aussergewöhnlichen Laufbahn und weshalb protestiert sie, wenn von Teilzeitstellen für Frauen die Rede ist?
Persönliche Gespräche führt Sévérine Müller am liebsten per Du, egal ob das Gegenüber bei der CONCORDIA arbeitet oder nicht. Ihre Antworten sind ehrlich und direkt, auch auf heikle Fragen: Hast du diese Karriere angestrebt, Sévérine? War es dein Ziel, möglichst hoch hinaufzukommen? «Nein, Macht und Einfluss als solches interessieren mich nicht», erklärt sie unumwunden, «was mich reizt, sind neue Aufgaben und Herausforderungen.» Der Modus «bequem und gemütlich» behage ihr bei der Arbeit nicht sonderlich, sagt die sympathische Luzernerin, das habe sie schon früh festgestellt.
Neues ausprobieren – immer wieder
Sévérine studierte Jura und besitzt das Anwaltspatent. Allerdings war es nie ihr Ziel, in einer Kanzlei Akten zu wälzen. Als sie vor zwölf Jahren bei der CONCORDIA die Chance erhielt, im Bereich Regress einzusteigen, zögerte sie nicht lange. «Ehrlich gesagt, wusste ich gar nicht so genau, worauf ich mich da einlasse», erklärt sie lachend. Ihr Berufsstart gelang dennoch bestens. Und es sollte nicht der letzte Sprung ins kalte Wasser bleiben. Stets offen für Neues, musste sie nicht lange überlegen, als es wenig später darum ging, ein eigenes Regress-Team aufzubauen. Einige Jahre später übersprang sie gar eine Hierarchiestufe und trat die Stelle als Leiterin Spezialleistungen an. Auch hier war sie wieder eine der Jüngsten auf ihrer Stufe. «Da ich die Organisation und die Prozesse schon vertieft kannte, konnte ich diese Aufgaben gut meistern – mein Alter war nie ein Thema.»
Lernprozesse im Jungunternehmen
Kurz vor ihrem zehnjährigen Firmenjubiläum überkam Sévérine die Lust, etwas anderes zu machen und ein neues Unternehmen kennenzulernen. Ihr Ziel: «Ich wollte herausfinden, ob ich auch in Gewässern schwimmen kann, in denen mich niemand kennt.» So wechselte sie im Herbst 2019 zur noch jungen SwissRe-Tochter elipsLife als Head Claims & Care Management. Eine sehr interessante Erfahrung, wie sie rückblickend feststellt. Einerseits wegen der völlig anderen Firmenkultur in einem jungen, agilen Unternehmen. Andererseits auch wegen des Lockdowns, der nur vier Monate nach ihrem Firmeneintritt stattfand. «Glücklicherweise hatte ich in den ersten Monaten viel Zeit investiert, um die Menschen in meinem Team kennenzulernen», sagt Sévérine, «so hatte ich ein Gespür für sie, als wir nur noch digital zusammenarbeiten konnten.»
«Kinder haben in der Regel auch einen Vater»
«Sévérine, du bist ein tolles Vorbild, eine Super-Chefin und Führungsperson und einfach ein besonderer Mensch.»
Keine E-Mails am Wochenende
Neben der herausfordernden Aufgabe in der Geschäftsleitung war auch die familiäre Kultur der CONCORDIA ein wichtiger Grund für sie, um im Dezember 2021 zurückzukehren. «Man merkt, dass die Leute einander schätzen, einander helfen und gerne hier arbeiten», so ihre Beobachtung. «Zudem hat die CONCORDIA eine gute Grösse: Man kommt beruflich weiter, wenn man will, das Nötige mitbringt und sich engagiert, und doch kennen wir uns alle noch.» Zu dieser Kultur zählt auch, die Gesundheit der Mitarbeitenden zu schützen. «Wir versuchen als Unternehmen, E-Mails am Wochenende sein zu lassen», erklärt Sévérine und lässt durchblicken, dass ihre Tage von Montag bis Freitag doch sehr vollgepackt sind. Erholung findet sie beim Reisen oder Kochen für Freunde. Daneben fährt sie Ski und wandert gerne. Kürzlich hat sich Sévérine zudem von ihrem Partner überreden lassen, das Biken auszuprobieren. Über Stock und Stein den Berg hinab geht es ihr manchmal etwas zu schnell – dennoch kann sie der neuen Herausforderung auch hier nicht widerstehen.
(wobei: Männer können auch etwas lernen)
Sammle Argumente, warum du für eine Führungsposition geeignet bist – und nicht, was dagegenspricht oder dir allenfalls noch fehlt.
Verhalte dich in (männlich geprägten) Führungsgremien stets authentisch. Bleibe du selbst und vertraue auf dein Wissen und deine Fähigkeiten.
Schaffe in deiner Führungsrolle ein vertrauensvolles Umfeld, gehe auf die Menschen ein und setze auf vorhandene Stärken. Das ist die Basis dafür, dass alle ihr Bestes geben.
Lass dich und deine Entscheidungen vom Team hinterfragen – es bringt dich weiter und verteilt die Verantwortung auf mehr Schultern.
«Geht nicht, gibt’s nicht». Verbesserungen sind immer möglich, auch in einem stark regulierten Markt wie der Versicherung. Nimm deine Mitarbeitenden ernst und prüfe ihre Vorschläge.