Heilkräuter aus der Natur: für mehr Ausgeglichenheit und Entspannung
«Es ist alles da, was wir brauchen.» Die Kräuterbäuerin Beatrice Bissig-Odermatt erinnert in ihrem Artikel an die Kraft heimischer Heilkräuter. Von ihren spannenden Pflanzenbegegnungen auf ihrer Wanderung ans Meer, bis hin zu ihren Erfahrungen als Kräuterexpertin, teilt sie ihr reiches Wissen. Lassen Sie sich in die Welt der Heilkräuter mitnehmen. Lernen Sie die harmonisierende Wirkung von Wolfstrapp kennen und erfahren Sie, was das Herzgespann und der Andorn mit ihm gemeinsam haben.
Kurz und einfach
Sie hat einen grossen Kräutergarten.
Sie macht auch Tee aus diesen Heilkräutern.
Heilkräuter können uns beim Entspannen helfen.
Beatrice Bissig-Odermatt zeigt uns verschiedene Kräuter zur Entspannung.
Beatrice Bissig-Odermatt ist erfahrene Kräuterbäuerin, Heilpflanzenspezialistin und Ethnobotanikerin. Inmitten ihres botanischen Heilpflanzengartens lebt sie mit ihrer Familie auf dem Hof Neufallenbach im archaischen Engelbergertal. In ihrem bewegenden Leben mit vier Kindern, Haus, Hof und einer eigenen Kräutermanufaktur hat sie unzählige Stresssituationen und schlaflose Nächte durchlebt und erfolgreich mit Heilkräutern behandelt. Ihr Wissen gibt sie in ihrer Fachliteratur, an Kursen und als Referentin weiter.
Schon seit Wochen bin ich unterwegs. Ganz allein vom Engelbergetal bis ans Hoek van Holland. Mit einem kleinen Rucksack und einer winzig kleinen Wanderapotheke. Und wenn ich klein sage, dann meine ich klein. Einzig ein paar homöopathische Arnikakügeli, ein Fläschchen Johannisöl und etwas Wolfstrappemulsion habe ich mit dabei. Die Arnika für den Notfall, falls ich mich verletze. Das Johannisöl brauche ich bei Sonnenbrand, Ohrenweh oder bei Wundlaufen. Der Wolfstrapp beruhigt und rhythmisiert bei Stress und Wechseljahrbeschwerden. Und genau um diesen wohltuenden Rhythmus für mehr Ausgeglichenheit und Entspannung geht es in diesem Beitrag.
Heilkräuter als Wegbegleiter: Die mobile Hausapotheke
Meine Apotheke habe ich in den zwei Monaten Wanderzeit zum Glück selten gebraucht. Den Wolfstrapp zum Beispiel konnte ich immer frisch ernten. Erstaunlicherweise bin ich ihm auf meiner Weitwanderung fast täglich auf all meinen Pfaden begegnet. Auch Wölfe wandern gerne weit. Vielleicht heisst diese Pflanze auch deshalb Wolfstrapp. Obwohl die Pflanze bei uns vor allem im Flachland bis in die Hügelzone und an den Alpenrand verbreitet ist, kennt sie kaum jemand. Wolfstrapp wächst unmerklich und fast unsichtbar an feuchten Wegrändern und am liebsten in Wassernähe. Seine unscheinbaren und winzig kleinen weissen Blüten erscheinen erst im Spätsommer. Ich habe immer wieder Blättchen, dieser üppig in Büscheln wachsenden Heilpflanze abgezupft und in meine Wasserflasche gelegt. Denn einen Teekocher hatte ich auf meiner zweimonatigen Wanderung nicht dabei. Aus dem frischen oder getrockneten Kraut lässt sich ein entstressender und beruhigender Tee aufgiessen. Dazu einfach ein bis drei Treibspitzen frisches Wolfstrappkraut oder eine Prise getrocknetes Kraut ohne Stängel (ca. 1g) in einen Teekrug geben und mit 1 Lt sprudelnd kochend heissem Wasser übergiessen. Drei Minuten ziehen lassen. Die Kräuter dürfen im Wasser verbleiben, bis der Krug leergetrunken ist. Wenn der Tee zu bitter wird, beim Aufgiessen die Menge der Kräuter verringern. Er schmeckt zuweilen bitter, deshalb ist es gut, sich langsam an die optimale Dosierung heranzutasten.
Wolfstrapp lässt sich ganz einfach im Garten anpflanzen und gedeiht auch im Topf gut. Er liebt halbschattige Standorte und mag es wie gesagt feucht. Wenn es ihm gefällt, aber nur dann, breitet er sich mit fast fingerdicken Ausläufern üppig im Garten aus. Wolfstrapp wird am besten zu Beginn der Blütezeit geerntet. In der Regel ist das im Juli bis September.
Tipps zur Aufbewahrung von Kräutertees
Heilkräuter für Körper und Geist:
Die Hausapotheke zur Stressreduktion
Unser System unterliegt verschiedenen Rhythmen wie zum Beispiel dem Tag- und Nachtrhythmus, hormonelle Rhythmen wie der monatliche Zyklus der Frau oder dem Rhythmus unseres Herzschlages.
Für solche Rhythmusthemen und Probleme ist der Wolfstrapp eine wunderbare Heilpflanze. In seinem «rhythmisierenden Wesen» liegt seine Geniezone und verhilft Ihnen zu mehr Ausgeglichenheit und Balance. Ganz ähnlich wirken auch Herzgespann (Löwenschweif) und Andorn. Aufgepasst, auch sie gehören wie der Wolfstrapp zu den Bitterpflanzen und schmecken im Tee dementsprechend bitter.
Mischen lässt sich der Wolfstrapp optimal mit weiteren Gelassenheitsgenies wie der Melisse, dem Lavendel oder dem Hopfen.
Wie Sie Kräuterteemischungen selbst herstellen können
Wenn Sie selbst Mischungen herstellen wollen, kann ich Ihnen dazu einige Tipps geben. Die Grundlage einer Kräuterteemischung bildet die «Basisdroge». Ich bevorzuge dazu Pflanzen aus der Familie der Rosengewächse wie Frauenmantel, Himbeerblätter oder Erdbeerblätter. Sie ergeben eine harmonisierende Grundlage und verbessern somit die Verträglichkeit der ganzen Mischung. Auch Melisse eignet sich wunderbar als Basis, insbesondere bei beruhigenden Tees. Zugleich dient sie als Geschmacksträger in einer Mischung.
Nun kommen Wirkstoffkomponenten wie Hopfen oder Wolfstrapp als sogenannte «Ergänzungsdrogen» dazu. Abgerundet wird die Mischung mit «Schmuckdrogen». Selbstverständlich sehen diese nicht nur hübsch aus, sondern auch sie tragen zu einer beruhigenden Wirkung des Tees bei. Bestens eignen sich dafür zum Beispiel Klatschmohn-, Königskerzen-, Lavendel- oder Holunderblüten.
Die Mischung baut sich wie eine Pyramide auf. Der Löwenanteil macht die Basisdroge aus und die Menge verringert sich bis hin zu wenigen Schmuckdrogen, die zum Schluss daruntergemischt werden. Und mit Droge, ist natürlich keine psychedelische Traumpflanze gemeint. «Teedroge» ist der Fachbegriff für frisches oder getrocknetes Heilpflanzenmaterial. So eine Kräuterteemischung wird am besten jedes Jahr neu gesammelt und gemischt. Denn viele Pflanzen verlieren mit der Zeit an Wirkung.
Melisse, Hopfen, wilder Thymian und Co: Entdecken Sie die grosse Vielfalt an Heilkräutern
Zurück zu den Heilpflanzen für einen besseren Schlaf, mehr Entspannung und Gelassenheit. Mehr Gelassenheit generieren Sie bereits, indem Sie sich Zeit kreieren, einen Tee anzubrühen und ihn in Ruhe trinken. Mit anderen Worten – schaffen Sie sich Raum für Ihre persönliche Teeauszeit. Ganz besonders in der zweiten Tageshälfte und gegen Abend. Stress und Schlaflosigkeit sind keine Krankheiten. Vielmehr sind Sie eine Reaktion auf unzählig verschiedene mögliche Auslöser.
Diese Auslöser aufzudecken und anzugehen, ist ein wichtiger Teil einer therapeutischen Behandlung. Viele Heilpflanzen bieten dabei ein grosses Unterstützungspotenzial.
Melisse stärkt die Nerven und ist eine gute Basispflanze bei Stress und Unruhe in allen Lebenslagen für die ganze Familie. Mit ihrem sanften und gleichzeitig überaus wirkungsstarken Wesen bringt sie auch Menschen mehr Ruhe, die sich schwach fühlen, weil sie sehr krank oder sehr alt sind und Heilmittel und Nahrungsmittel im generellen nicht mehr gut vertragen. Auch für schwangere Frauen ist die Melisse eine hervorragende Beruhigungspflanze.
Hopfen gehört zu den Hanfgewächsen und bringt insbesondere in der zweiten Lebenshälfte Entspannung. Hopfenzapfen bewähren sich in Gute-Nacht-Tees, ganz besonders für Frauen in den Wechseljahren und später. Hopfen ist eine hübsche Kletterpflanze für den Garten. Lassen Sie ihn an der Fassade emporwachsen und ernten die reifen Hopfenzapfen im Spätsommer.
Auch Minzen haben einen beruhigenden Aspekt. Ich bevorzuge in entstressenden Tees fruchtige Minzen, wie Apfel- oder Orangenminze. Diese enthalten fast kein aufputschendes Menthol. Sie lassen uns in Stresssituationen einen kühlen Kopf bewahren und Ruhe empfinden.
Wilder Thymian nimmt die Angst und verleiht Mut, was wiederum zu mehr Gelassenheit verhilft. Ein Kraut, das in Ihrer Hausapotheke nicht fehlen darf.
Der Holunder ist eine wunderbare Pflanze für mehr Selbstvertrauen und ein besseres Verbundenheitsgefühl. Einige Holunderblüten als Zugabe in Ihrem Entspannungstee beruhigen das überreizte System und sorgen für mehr Gelassenheit.
Balance und Ausgeglichenheit schenken, das können Kräuter wie der Wolfstrapp und das Herzgespann besonders gut. Lavendel wiederum, eine der bekanntesten Heilpflanzen zur Schlafförderung, wende ich mit Vorliebe für Kinder oder ältere Menschen an. Er hat eine beruhigende und entkrampfende Wirkung und hilft, sich auf das Wesentliche zu fokussieren.
«Es ist alles da, was wir brauchen.» Die Auswahl an Heilpflanzen für mehr Ruhe, Entspannung und Ausgeglichenheit ist gross. Wenden Sie sich an Ihre Kräuterfachperson des Vertrauens oder Ihre Apothekerin, Ihren Apotheker, Ihre Drogistin oder Ihren Drogist. Ob gekauft oder selbst gesammelt, ich bin mir sicher, Sie finden in Ihrer nächsten Umgebung einiges an stresslindernden Heilkräutern.
Tipp: In wenigen Schritten vom Kräutertee zum Glacé
- halbgefrorenes Himbeer-Kräutereis
- 2dl Jogurt
- 2dl Vollrahm
- 200g tiefgekühlte Himbeeren
- 2-4 Essl. Zucker oder flüssiger Honig
- 5g Kräuterteemischung
- alle Zutaten in einen Cutter geben und kurz auf höchster Stufe feinpürieren.
- In kleine Schalen anrichten und sofort geniessen.