Alte Glaubenssätze, neues Selbstbild
Unser Selbstbild ist durch die Welt um uns geprägt. Erfahren wir viel Gutes, denken wir gut über uns. Aber auch das Gegenteil kann der Fall sein. Diese sogenannten Glaubenssätze beeinflussen unser Leben. Wie entstehen sie? Und wie kann man negativ wirkende Glaubenssätze schrittweise verändern?
Kurz und einfach
Manche Gedanken nennt man Glaubenssätze.
Glaubenssätze lenken unser Verhalten.
Sie können uns auch schaden.
Man kann sie aber in hilfreiche Gedanken umwandeln.
«Warum ist sie davongelaufen?» Der Prinz war enttäuscht, als er feststellte, dass sie plötzlich verschwunden war. Dabei war sie die schönste Frau an diesem Fest und er hatte den ganzen Abend mit ihr getanzt.
Wer das Märchen von Aschenputtel kennt, weiss, welche Konsequenzen gedroht hätten, wenn ihre Stiefmutter und ihre Stiefschwestern sie entdeckt hätten. Aber hätte sie denn nicht einfach beim Prinzen bleiben, ihm von ihrer schlimmen Situation erzählen und so gerettet werden können? So oft hatte sie sich von ihren engsten Bezugspersonen anhören müssen, sie gehöre nicht dazu, sei minderwertig und verachtenswert, dass wohl ein Teil von ihr mittlerweile selbst geglaubt hatte, sie gehöre in die Asche.
Glaubenssätze sind die empfundene Wahrheit
In der Psychologie nennt man solche Selbsteinschätzungen «Glaubenssätze». Sie entstehen durch das, was wir von aussen über uns hören oder erfahren. So hört Aschenputtel: «Du bist weniger wert als wir!», und denkt darum: «Wenn ich brav Linsen sortiere, bin ich in Sicherheit!» Sie werden prägend, wenn sie über eine längere Zeit in immer ähnlicher Form erlebt werden. Die Glaubenssätze wirken, wie bei Aschenputtel, auf das Verhalten und das Empfinden. Sie sind eine empfundene Wahrheit. Glaubenssätze helfen, sich an die aktuelle Situation anzupassen oder sich vor etwas zu schützen. Wenn Aschenputtel sich selbst keinen grossen Wert zuspricht, tut es nicht so sehr weh, wenn sie von der Stiefmutter eine abwertende Botschaft hört.
Selbstbild: Eine radikale Einstellung
Wenn sich nun eine Situation zum Positiven wendet, kann es sein, dass sich diese Glaubenssätze nicht an die neue Situation anpassen. Wir halten radikal an ihnen fest und schränken uns damit ein. Verhaltensweisen, die neue und bessere Erfahrungen ermöglichen würden, können wir dann nicht zeigen.
Der Prinz hat Aschenputtels Wert erkannt, dennoch entzieht sie sich ihm und kehrt zur Asche zurück. Haben Sie auch bei sich schon einmal ein ähnliches Verhalten entdeckt? Wann könnten Glaubenssätze dahinterstecken?
- Wenn Sie feststellen, dass Sie sich in gewissen Situationen immer wieder auf eine bestimmte Art und Weise verhalten.
- Wenn Sie herausfinden, dass Sie sich damit eher schaden, obwohl Sie es besser wissen.
- Wenn Sie erkennen, dass Ihre Gefühle oder Ihr Verhalten eher auf früheren Erfahrungen beruhen als auf der aktuellen Situation.
Wie Giftsätze zu Balsam für die Seele werden
Annette Kämmerer, Psychotherapeutin und Autorin, nennt solche unguten Glaubenssätze «Giftsätze». In ihrem Buch leitet sie an, wie Giftsätze schrittweise zu hilfreicheren «Balsamsätzen» umgewandelt werden können.
Schreiben Sie dafür zunächst Sätze auf, die beginnen mit:
- «Ich kann nicht … (zum Beispiel: … mit den anderen mithalten)»
- «Ich darf nicht … (zum Beispiel: … mich wehren)»
- «Ich muss … (zum Beispiel: … es allen recht machen)»
Überlegen Sie sich, wann, wie und von wem diese Sätze in Ihrem Leben geprägt worden sind. Wozu waren sie ursprünglich hilfreich?
In einem ersten Veränderungsschritt werden nun einzelne Wörter ersetzt:
Ersetzen Sie «können» durch «wollen», «dürfen» durch «ich erlaube mir nicht», «müssen» durch «ich entscheide mich zu».
- «Ich will nicht mit den anderen mithalten.»
- «Ich erlaube mir nicht, mich zu wehren.»
- «Ich entscheide mich, es allen recht zu machen.»
Wie aus alten Glaubenssätzen ein neues Selbstbild entsteht
Das Ziel dieser Arbeit ist es, Glaubenssätze im Jetzt sinnvoll und hilfreich nutzen zu lernen und sich nicht von alten Überzeugungen automatisch lenken zu lassen.
Sicher können Sie sich vorstellen, dass der Prinz sein ehemaliges Aschenputtel über eine lange Zeit geduldig, wohlwollend und beharrlich darin unterstützt hat, seine Giftsätze zu verändern. Nur so konnte die frischgebackene Prinzessin ihr Selbstbild an die neue Situation anpassen.
Haben Sie vor, Ihren Giftsätzen auf die Spur zu gehen und sie in Balsamsätze zu verwandeln? Dann gehen Sie am besten genauso prinzenhaft und fürsorglich mit sich selbst um, wie es der Prinz mit seinem Aschenputtel getan hat.